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Auch die Kleidung passte nicht: Khakihose, Poloshirt mit
drei Kragenknöpfen unter einer dunklen, hüftlangen Jacke,
deren Reißverschluss halb geschlossen war, und, allem An-
schein nach, brandneue Sneaker  billig, aber neu.
»Sicher«, sagte er und blieb bei den Männern stehen. Dann
brachte er seinen bellenden Hund auf freundliche Weise zum
Schweigen, und als der Hund verstummt war, sagte er: »Tut
mir Leid  worum geht es?«
Larkin stellte sich und Warrick kurz vor, während er seine
Marke wegsteckte. »Sind Sie Travis Dearborn?«
Besorgt runzelte der Mann die Stirn. »Ja, sicher & warum?«
»Wir müssen mit Ihnen reden«, sagte Larkin.
»Und worüber?«
»Wir sollten vielleicht lieber reingehen.«
»Okay. Sie haben aber keinen & Haftbefehl oder so?«
»Nein. Brauchen wir denn einen, Mr Dearborn?«
»Nein! Es ist nur & ich frage mich, ob es hier um etwas, Sie
wissen schon, etwas Ernstes geht.«
»Es geht um etwas Ernstes«, entgegnete Warrick. »Sollen
wir reingehen?« Dearborn beäugte seinen Hund, als würde der
die Entscheidung treffen. Das Tier, dem die Zunge weit aus
dem Maul hing, schien zu nicken. Vielleicht war das der
Grund, warum Dearborn schließlich zustimmte. »Ja, sicher.
Gehen wir rein.«
Drinnen hatte der ordentliche Travis Dearborn eine weitere
Überraschung für sie parat: Mochte das schäbige Äußere des
Hauses auch wunderbar zu seinem Verbrecherfoto passen, das
Innere passte ebenso gut zu dem gepflegten Dearborn. Wenn
auch alles  Teppich, Vorhänge, Möbel, Fernseher  der bil-
ligsten Mietkaufkategorie zuzurechnen war, so war es doch
ordentlich und sauber, sehr sauber sogar, in einem minimalisti-
schen Stil, der Warrick durchaus zusagte.
Warrick fragte sich, ob der Kerl von seiner verstorbenen Ex-
frau das ein oder andere über ordentliche Haushaltsführung
gelernt hatte. Selbst in dem Chaos, das in ihrem Appartement
ausgebrochen war, konnte man noch erkennen, dass Angela
Dearborn eine Ordnungsfanatikerin gewesen war.
Die einzigen Möbelstücke im Wohnzimmer waren ein Fünf-
zig-Zentimeter-Fernseher, in dem eine uralte Seinfeld-Folge
lief, ein Fernsehtisch rechts neben der Tür, ein Sofa an der ge-
genüberliegenden Wand und ein Bücherregal mit zwei Fächern
aus Sperrholz, das mit Taschenbüchern von Stephen King und
Dean Koontz voll gestopft war. Außerdem gab es noch einen
Kaffeetisch, auf dem die Fernbedienung für das Fernsehgerät,
ein Aschenbecher, eine Packung Zigaretten und ein Feuerzeug
lagen.
In der Ecke neben dem Sofa stand ein Gitarrenständer mit
einer Fender-Akustikgitarre, einem Modell, das Warrick auf
Anhieb erkannte  tatsächlich hatte er eine ganz ähnliche Gitar-
re zu Hause, die gleiche Fichtenoberseite, Zargen und Rücken
ebenfalls aus Rosenholz, und, ganz typisch, alle Wirbel auf
einer Seite unter dem Fender-Schriftzug. Keine besonders teure
Gitarre, aber sie hatte einen guten, soliden Klang. Jenseits des
Wohnzimmers befand sich eine kleine Essnische mit einer Tür,
von der Warrick vermutete, dass sie zur Garage führte.
»Leben Sie allein, Mr Dearborn?«, fragte Larkin mit erho-
bener Stimme, um das laute Gelächter zu übertönen, das aus
dem Fernsehgerät plärrte.
Dearborn nickte und schaltete das Gerät aus. Er befreite den
Hund von der Leine, und das kurzbeinige, dreifarbige Tier trot-
tete mit wackelnden Ohren in die Küche.
»Tut mir Leid wegen des Fernsehers«, sagte Dearborn mit
einem Schulterzucken. »Aber das ist nicht die beste Gegend,
und wenn ich mit Coda rausgehe, schalte ich ihn ein, damit die
Einbrecher denken, es wäre jemand zu Hause.«
Warrick nickte. »Keine dumme Idee.«
Der Kriminalist achtete genau auf die Hände des Verdächti-
gen. Sollte Travis Dearborn seine Frau mit bloßen Fäusten ver-
prügelt haben, hätten sich an seinen Knöcheln, seinen Handrü-
cken und den Fingern Spuren zeigen müssen. Catherine hatte
Warrick erzählt, dass Angie ihren Angreifer mindestens ge-
kratzt haben musste. Aber Dearborn hatte keine sichtbaren
Kratzer an den Händen oder im Gesicht.
»Haben Sie etwas dagegen, wenn ich kurz nachsehe, ob au-
ßer uns noch jemand hier ist?«, fragte Larkin.
»Na ja & warum wollen Sie das tun?«
»Stört es Sie?«
»Nein, nein, machen Sie nur.«
Während der Kriminalist allein mit Dearborn im Wohn-
zimmer zurückblieb, machte Larkin einen kurzen Spaziergang
durch das Haus.
»Sie sagen, der Hund heißt Coda?«, fragte Warrick lä-
chelnd.
»Ja. Das ist ein musikalischer Fachbegriff.«
»Ich weiß.«
Der Verdächtige zuckte wieder mit den Schultern. »Coda ist
mein Schlussstück  eine Art Übergang von meinem alten Le-
ben in mein neues.«
In diesem Moment kehrte Larkin zurück. »Sauber«, sagte er
zu Warrick. Dann wandte er sich an ihren Gastgeber. »Neues
Leben, sagen Sie?«
»Ja. Sie wissen bestimmt, dass ich so meine & Probleme
hatte. Dafür ist niemand außer mir selbst verantwortlich.« Er
deutete auf die Couch. Als die beiden Männer die Einladung
nicht annahmen, nahm er selbst auf dem Sofa Platz.
»Dann ist das wohl der Grund, warum Sie so erschrocken
waren, Bullen vor Ihrer Haustür vorzufinden?«, fragte Larkin.
Mit einem trockenen, beinahe tonlosen Kichern antwortete
Dearborn: »Das ist nicht gerade das erste Mal.«
»Eher das fünfte oder sechste Mal«, stimmte Larkin zu.
Dearborn zuckte ein weiteres Mal mit den Schultern. Ein
Kerl, der so oft versagt hatte wie er, war mit dieser Geste mehr
als vertraut. »Ja & aber das ist das erste Mal, dass ihr Burschen
auftaucht, seit ich clean bin.«
»Clean«, wiederholte Larkin, als hätte der Verdächtige ein
Wort in einer exotischen Fremdsprache geäußert.
»Ja, Sir, und das schon seit beinahe sieben Monaten.«
»Herzlichen Glückwunsch. Haben Sie noch Kontakt zu An-
gie?«
Dearborn wurde sichtlich unruhig. »Eigentlich nicht. Ich
schätze, Sie wissen auch schon, dass eine richterliche Schutz-
anordnung gegen mich ergangen ist.«
»Ja«, sagte Larkin, dessen Augen sein Opfer förmlich
durchbohrten. »Das wissen wir auch schon.«
Seine Augen blickten flehentlich. »Hören Sie, wir, also An-
gie und ich, wir hatten Probleme. Ich war & grob mit ihr. Ich
will mich nicht entschuldigen  wenn ich nicht gekifft habe,
dann habe ich getrunken, und wenn ich getrunken habe, bin ich
aggressiv geworden. Ich kann ihr keinen Vorwurf machen, dass
sie diese richterliche Verfügung erwirkt hat  sie musste tun,
was sie für richtig hielt.«
»Was sie für richtig hielt«, wiederholte Warrick. »Bedeutet
das, dass Sie es nicht für richtig hielten, Mr Dearborn?« [ Pobierz caÅ‚ość w formacie PDF ]
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